Küpper-Ortmann - Mikropolitik Kommentar

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Sehr interessanter, fast ausschließlich theoretischer Sammelband mit Beiträgtn von vielen "großen" der (kritischen) Organisationsforschung. Im folgenden kurze Bemerkungen zu den einzelnen Beiträgen:

Inhaltsverzeichnis

Teil I: Macht, Mikropolitik und Spiele in Organisationen

  • Ortmann, G.: Macht, Spiel, Konsens: Konzeptionalisierung von Macht und Konsens nicht als Gegensätze, und auch von Kontrolle und Konsens eher im Sinne der Gidden'schen "dialectic of control"; Verknüpfung von Macht und (Mikro-)Politischen Ansätzen mit Rationalitätskritik
  • Bosetzky, H.: Mikropolitik, Machiavellismus und Machtkumulation: Unter anderem eine lange Liste mit Anweisungen für "machiavellistisches" Verhalten in Organisationen
  • Friedberg, E.: Zur Politologie von Organisationen: Radikale Konzeption von Organisationen als Abfolge politischer Spiele; Macht als Beziehung, nicht als Attribut (kritisiert u.a. von Ortmann im letzten Beitrag des Bands); "Die grundlegende Dynamik von Machtbeziehungen ist smoit nicht die der freien Koinkurrenz, sondern die Tendenz zum Monopol." (S. 43; Betonung des Kollusionscharakters von Machtbeziehungen und der damit einhergehenden Verkrustungs- und Verfestigungstendenzen; aber: fragwürdiger Rationalismus über die Hintertür: strategisches Verhalten der Organisationsmitglieder wird als (begrenzt) rational konzeptionalisiert
  • Neuberger, O.: Spiele in Organisationen, Organisationan als Spiele: Einziger Beitrag mit empirischen Beispielen für Mikropolitik und Machtspiele; Typologie von Spielen und Ausreizen der verschiedenen Bedeutungen der Spielmetapher

Teil II: Macht und Rationalität

  • Becker, A./Küpper, W./Ortmann, G.: Revisionen der Rationalität: Sehr guter Überblick über die (Weiter-)Entwicklung der Rationalitätskritik in der Organisationsforschung; Verweis auf Hirschmans (1967) Konzept der "schützenden Unwissenheit" (S. 91), die ein (innovatives) Handeln überhaupt erst ermöglicht, in der Regel aber auch mit einer erst ex-post erfolgenden Zwecksetzung einhergehen kann.
  • Berger, U: Rationalität, Macht und Mythen: Rekurriert auf die Beschaffuzng von EDV-Systemen als Beispiel für Rationalitätsmythen; frühe Kritik an der prinzipiellen Schwierigkeit von "Wirtschaftlichkeitsberechnungen"; Charakterisierung von IT-Personal als "'verlängert Arm' oder 'fünfte Kolonne' der Hersteller im Anwenderunternehmen" (S. 125);
  • Duda, H./Fehr, E.: Macht und Ökonomie. Das Beispiel atomistischer Arbeitsmärkte: eher komischer, ökonomischer Artikel; verweist einmal auf eine eher zweifelhafte Machtdefinition Kurt W. Rothschilds.

Teil III: Organisation, Akteur und System

  • Staehle, W.H.: Macht und Kontingenzforschung: eher uninteressanter Beitrag; Verweis auf Sydow (1985), der "im Handlungsspielraum ein Brückenkonzept zwischen deterministischen und voluntaristischen Ansätzen" sehe
  • Luhmann, N.: Organisation: Organisation als Entscheidungsketten; Selbstreferentialität und Autopoiesis
  • Martens, W.: Organisation, Macht, Kritik: Sehr gute Replik auf marxistisch-reduktionistische Versuche, organisationale Macht und Ausbeutung einzig auf dichotome Denkschemata wie "Eigentum und Nichteigentum von Produktionsmitteln, Subjekt und Objekt, Beherrschung und Selbstbestimmung, Management und Arbeiter" (S. 196) zurückzuführen. Interessanterweise ist diese Erkenntnis Ergebnis der marxistisch inspirierten "Labour Process Debate". Martens hält in diesem Zusammenang (S. 197) fest,dass "Überall wo überkomplexe und disharmonische Entscheidungsmöglichkeiten in der Form von Organisationen reduziert werden müssen, Macht eine wichtige Rolle spielen kann. Die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse impliziert daher keineswegs, daß auf Macht in Organisationen verzichtet werden kann. So erweist sich die Vorstellung einer demokratischen Organisation der Arbeit, in der die Arbeiter selbst ihre Arbeit beherrschen und (soweit als möglich) nach Maßgabe ihrer Bedürfnisse und Vermögen gestalten, als utopischer Maßstab. Diese Vorstellung kann nicht als ein realistischer normativer Maßstab einer kritischen Theorie moderner Organistation fungieren. Ein derartiger Maßstab hätte mit der in der modernen Welt gegebenen Überkomplexität und Disharmonie der Entscheidungsmöglichkeiten und den daraus resutlierenden Koordninationsschwierigkeiten zu rechnen." Daneben ergänz Martens sehr luzide die Luhmann'sche Entscheidungstheoretische Erklärung der Organisation um die Dimension der Attraktivität, die er in drei Formen, einmal als Attraktivität der Kommunikation selbst, einmal zu einem Zweck oder Wert willen und einmal für "übergeneralisierte Werte wie Geld, Status und Macht" (S. 206 f.).
  • Ortmann, G.: Handlung, System, Mikropolitik: Gute Anmerkung über das Dilemma der Organisationsforschung, zwischen Umweldeterminismus und übertriebener Selbstreferentialität einen Mittelweg finden zu müssen.

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