Fischer-Lescano und Teubner - Regimekollisionen

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Spannendes Playdoyer für eine heterarchische Struktur globalen Rechts, die eine Lösung der Fragmentierungsprobleme über eine Hierarchisierung internationaler Institutionen als sowohl unrealistisch als auch nicht wünschenswert ablehnt.

  • "Regime-Kollisionen spiegeln vielfältige Konflikte zwischen gesellschaftlichen Systemrationalitäten wider." (S. 47; Anm.: gilt auch für Innovations-Regimes)
  • sehr spannende Beispiele für den Verlauf internationaler Regimekonstellationen, besonders eindrucksvoll sind darunter das Beispiel der AIDS-Generika-Produktion im Zusammenhang mit dem TRIPS-Abkommen sowie das internationale Insolvenzregime im Zusammenhang mit der Argentinienkrise
  • ausschließlich politikzentrierte Beschreibungen wie Lösungsvorschläge werden als "nicht komplexitätsadäquat" (S. 166) charakterisiert
  • Fragmentierung des Rechts als bloßer Spiegel der Fragementierung der Weltgesellschaft, in der das Recht "nur ein Kolliosionsmanagementinstrument unter vielen" (S. 171) ist, bzw. "die Marginalität des Rechts bei Regime-Kollisionen" (S. 127)
  • S. 170: "(M)it Rechtsmitteln lassen sich die Widersprüche unterschiedlicher gesellschaftlicher Rationalitäten nicht versöhnen, bestenfalls kann das Recht (...) als "gentle civilizer of social systems" wirken."
  • S. 130: "Die Welt ist sowohl fundamentalpolitisch als auch fundamentaljuristisch, fundamentalökonomisch beobachtbar. Eine Monopolisierung einer der Perspektiven führt letztlich zur Totalisierung eines Funktionssystems."
  • Plädoyer für eine Netzwerktheorie des Rechts:
    • "Statt Koordination durhc eine Zentralinstanz und statt Autarkie geschlossener Regimes kommt es auf eine Netzwerklogik an. (...) Auf der einen Seite ist die autonome und dezentrale Reflexion der Netzknoten, (...) (a)uf der anderen Seite sind diese Reflexionen so miteinander zu vernetzen, dass alle Regimes gemeinsame Referenzpunkte und einen notwenidg abstrakten Sinnohorizont kontrafaktisch unterstellen können, auf den sie sich bei ihrer Normproduktion beziehen. Man muss ausdrücklich betonen, dass es diesen gemeinsamen Sinnhorizont nicht "gibt", sondern dass er eine Fiktion eines jeden Rechtsregimes darstellt. (...) (D)ie Selbstorganisationsprozesse der Regimes dazu angeregt werden, je eigene Normierungen für das globale ius non dispositivum herauszubilden, die den Eigenheiten des jeweiligen Sozialkontexts gerecht werden. Die Rolle der Anregung wird dabei von ganz verschiedenen Prozessen übernommen: Skandalisierung durch Teilöfffentlichkeiten, Anstöße aus der internationalen Politik und Kooperationen zwischen autonomen Rechtsregimes." (S.99-101; Herv. L.D.)
    • "Die Netzwerktheorie trägt hier die Einsicht bei, dass die wechselseitige Beobachtung der Knoten nicht als kollektive Willensbildung und kollektive Entscheidung im Gesamtnetz aktualisiert wird, sondern nur als iterative Sequenz von Knotenentscheidungen, die jeweils als Entscheidungsprämissen in die Entscheidung anderer Knoten eingehen. (...) (es) wäre darum auch für Interregimekonflikte zu fordern: Gegenseitige Beobachtung, Berücksichtigung und Auseinandersetzung mit den jeweiligen Urteilsgründen." (S. 121)
  • ad Grundrechtskataloge, S. 108: "Die Kataloge können so in den Fällen von Wertkollisionen, also genau in den Fällen, in denen Werte ihre praktische Relevanz erweisen müssen, kaum etwas aussagen. Sie verlieren ihren direktiven Wert genau dann, wenn er benötigt wird. Und umgekehrt: Da Entscheidungen immmer und nur fällig sind, wenn Werte konfligierende Anforderungen stellen, bleiben die Entscheidungen ungeregelt."
  • "Re-entry von Nicht-WTO-Recht in WTO-Recht heißt vielmehr ein Vorgehen in folgenden Schritten: (1) Identifikation der konfligierenden gesellschaftlichen Rationalitäten, (2) Re-entry der fremden sektorialen Regimeordnungen in ein Rechtsregime, (3) Reformulierung des Konflikts in der quaestio iuris und (4) regime-interne Kompatibilisierung der rechtlich formulierten Systemrationalitäten. Das bedeutet in der Tat eine "Repolitisierung" der technisch-ökonomischen Technokratie der WTO" (S. 87)
  • ad Netzwerkeffekte (S. 63): "Besondes positive "Netzwerkeffekte" sind hier ins Zentrum der Aufmerksamkeit getreten, weil eine produktive Koordination dadurch ausgelöst wird, dass in Netzwerken eine potentiell allseitige Relationierung der Netzpartner stattfindet." (Anm.: unter Verweis auf Katz und Shapiro (1985), Liebwowitz und Margolis (1994) und Lemley und McGowan (1998))
  • ""Bindung" der Institutionen als eine wechselseitige Reflexionsbeziehung zwischen zwei Systemen, die zwar ihr jeweiliges Projekt autonom weiterverfolgen, aber sich in wechselseitiger Beobachtung einander anpassen." (S. 61)


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