Kapitel 4: Der Unternehmergewinn.
Aus Leowiki
Kapitel 4: Der Unternehmergewinn.
„In der statischen Volkswirtschaft ist der Gesamterlös eines Betriebes – von Monopolgewinn abgesehen – gerade große genug, um die aufgezählten Ausgänge zu decken. Es gibt da nur Produzenten, die weder Gewinn machen noch Verlust erleiden und deren Einkommen mit dem Schlagworte: wages of management ausreichend charakterisiert ist.“ (S. 279)
„Wenn nun ein Arbeiter mit einem solchen Webstuhl imstande ist, täglich sechsmal soviel an Produkt zu erzeugen wie ein Handweber, so ist es offenbar, daß unser Betrieb unter drei Bedingungen einen Kostenüberschuß, eine Differenz zwischen Erlös und Ausgang erzielen muß. Erstens darf der Produktpreis infolge seines neuauftretenden Angebots nicht oder doch nicht so sinken, daß die größere Produktmenge pro Arbeiter keinen höheren Erlös erzielt als die mit Handarbeit zu gewinnende kleinere. Zweitens müssen die Kosten der Webstühle pro Tag entweder hinter dem tageslohn von fünf Arbeitern oder doch hinter jener Summe zurückbleiben, die unter Berücksichtigung des eventuellen Sinkens des Produktpreises und nach Abzug des Lohnes des einen Arbeiters noch übrigbleibt. Als dritte Bedingung formulieren wir eine Ergänzung [steigende Produktionsmittelpreise, Anm.] der beiden andern. […] Nun aber folgt der zweite Akt des Dramas. Der statische Bann ist geborchen und immer neue Betriebe mit mechanischen Webstühlen entstehen unter dem Impuls des lockenden Gewinns. Eine vollständige Reorganisation der Branche tritt ein mit ihren Produktionssteigerungen, ihrem Konkurrenzkampfe, […] Das endliche Resultat muß ein neuer statischer Gleichgewichtszustand sein, in dem bei neuen Daten wieder das Kostengesetz herrscht […] Nicht ehe dieser Zustand erreich ist, wird jener Impuls zum Produzieren immer weitrer Produktmengen aufhören, nicht eher auch der Preisdruck infolge wachsenden Angebots. Folglich verschwindet der Überschuß unsres Wirtschaftssubjekts und seiner ersten Nachfolger. Allerdings nicht sofort, sondern in der Regel erst nach einer längern oder kürzern Periode fortschreitenden Sinkens. […] Den Wirtschaftssubjekten fällt der Gewinn zu, auf deren Tat die Einführung der Webstühle zurückzuführen ist[.]“ (S. 281-284; Herv. i. Orig.)
„Wie die Einführung der Webstühle ein Spezialfall der Einführung von Maschinen überhaupt ist, so ist die Einführung von Maschinen ein Spezialfall aller jener Veränderungen des Produktionsprozesses im weitesten Sinne, die darauf abzielen, die Produkteinheit mit geringerem Aufwand zu erzeugen und so eine Diskrepanz zwischen bisherigen Preise und ihren neuen Kosten zu schaffen. Dahin gehören viele Neuerungen in der Organisation der Betriebe und alle Neuerungen in den kommerziellen Kombinationen.“ (S. 284-285)
„Hat aber jemand alles das in sich, was zum Erfolge unter diesen Umständen gehört und kann er sich den nötigen Kredit verschaffen, dann kann er die Produkteinheit billiger auf den Markt bringen und […] einen Gewinn machen, der in seinen Händen bleibt. Aber er hat auch für andre gesiegt, für andre die Bahn gebrochen und eine Vorlage geschaffen, die sie kopieren können. Sie können und werden ihm folgen, zunächst einzelne, dann ganze Haufen. Wieder tritt jener Reorganisationsprozeß ein, dessen Resultat die Vernichtung des Kostenüberschusses sein muß, wenn die neue Betriebsform dem statischen Kreislauf eingegliedert ist. Aber vorher wurden eben Gewinne gemacht.“ (S. 285; Anm.: Strenges Urheberrecht ermöglicht in diesem Sinne Monopolrenten, vermindert nach dieser Theorie aber den Anreiz/Druck weitere Neukombinationen zum Erhalt von Gewinnen zu versuchen)
„Damit haben wir zugleich den Fall der Produktion eines ganz neuen Gutes erledigt. Zunächst muß ein solches den Konsumenten aufgedrängt, vielleicht gar geschenkt werden. Eine Menge Widerstände erheben sich.“ (S. 288; Anm.: Das Problem ist bei Netzeffektmärkten, dass in diesem Fall Schenken teilweise nicht mehr reicht, weil der Produktpreis nur einen kleinen Teil der Kosten ausmacht)
„Diese Beispiele genügen zunächst. Sie zeigen uns bereits das Wesen des Unternehmergewinns als das Resultat der Durchsetzung neuer Kombinationen.“ (S. 288)
„Niemals ist der Unternehmer der Risikoträger. In unsern Beispielen ist das ganz klar. Hier kommt der Kreditgeber zu Schaden, wenn die Sache mißlingt. Denn obgleich eventuelles Vermögen des Unternehmers haftet, so ist doch ein solcher Vermögensbesitz nichts Wesentliches, sondern nur etwas Zufälliges. […] Die Übernahme des Risikos ist in keinem Falle ein Element der Unternehmerfunktion. Mag er auch seinen Ruf riskieren, die direkte ökonomische Verantwortung eines Mißerfolgs trifft ihn nie.“ (S. 290)
„Nirgends in der Geschichte hat, wo es zu einer Entwicklung kam, die Kooperation größerer Massen voraussetzte, das Moment des Zwanges gefehlt. In den meisten Fällen freilich wird den Geführten überhaupt kein Opfer zugemutet.“ (S. 293; Anm.: Pfade!?)
„Deshalb also gibt die erfolgreiche Durchsetzung neuer Kombinationen auch einen Wertüberschuß in der geschlossenen Wirtschaft, nicht nur in der kapitalistischen, und zwar einen Wertüberschuß im Sinne einer Wertgröße, der kein Zurechnungsanspruch seitens der Produktionsmittel gegenübersteht, nicht etwa bloß einen Überschuß an Befriedigung gegenüber dem frühern Zustande. Wie wir auch sagen können: Der Mehrwert in der Entwicklung ist nicht bloß eine privatwirtschaftliche, sondern auch eine volkswirtschaftliche Erscheinung.“ (S. 297; Herv. i. Orig.)
„Aber kann man nicht daraus folgern, speziell für die kommunistische Type, daß der Unternehmergewinn im Lohn aufgeht, daß da die Wirklichkeit die Werttheorie beiseite schiebt und daß der Lohn das ganze Produkt umfasse? Nein. Man muß unterscheiden zwischen dem ökonomischen Wesen eines Ertrags und dem, was mit diesem Ertrage geschieht. Das ökonomische Wesen eines Ertrags beruht auf einer produktiven Leistung.“ (S. 300)
„Als Lohn welcher Arbeiter wäre der Unternehmergewinn zu bezeichnen? […] Denn dann würden diese Arbeiter ex hypothesi einen höhern Lohn bekommen, als ihre Kameraden, die in andern Richtungen nach der bisherigen Weise weiterarbeiten. Diese andern Arbeiter aber leisten ja nicht weniger Arbeit von nicht geringerer Qualität, […] Von der Ungerechtigkeit, die in einer solchen Maßregel läge, ganz abgesehen: Es würden durch sie einfach privilegierte Arbeiter geschaffen. Möglich ist das Arrangement, aber das Mehr, das diese Arbeiter erhielten, wäre kein Lohn.“ (S. 301; Anm.: Aber genau das ist, was in kapitalistischen Wirtschaften über Betriebsgewerkschaften passiert, bzw. für ganze Branchen durch Flächentarifverträge. >> unterstreicht nur die Notwendigkeit von Umverteilung)
„[Ich] vermag einen Einfluß des Zeitablaufs auf die Wertungen, mithin überhaupt eine selbständige prinzipielle Geringerschätzung künftiger Genüsse hier ebensowenig zu sehen, wie innerhalb des statischen Kreislaufs. […] In der Praxis besteht diese Geringerschätzung zweifellos. Doch gibt es soviele Erklärungen – Risiko, Veränderungen der Verhältnisse – dafür, daß es sehr schwer ist, mit Bestimmtheit zu versichern, daß da wirklich nicht auch noch ein besondres psychisches Phänomen vorliegt. […] Meine innere Wahrnehmung sagt mir jedenfalls nicht, daß ich künftige Genüsse auch dann geringer schätzen würde, wenn alle die Momente wegfielen, mit denen ich in praxi meine Geringerschätzung begründen kann.“ (S. 317-318; Herv. i. Orig.
„Ein Wort noch über das Verhältnis von Unternehmergewinn und Monopolgewinn. Da beim ersten Auftreten der neuen Produkte der Unternehmer keine Konkurrenten hat, so erfolgt deren Preisbildung ganz oder in gewissen Grenzen nach den Grundsätzen des Monopolpreises. Im Unternehmergewinn der kapitalistischen Wirtschaft liegt also ein Monopolelement. Nehmen wir nun an, daß die neue Kombination in der Errichtung einer dauernden Monopolstellung bestehe, etwa in der Gründung eines Trusts, der gar keine konkurrierenden Outsider zu fürchten habe. Dann liegt es nahe, den Unternehmergewinn einfach als dauernden Monopol- und den Monopolgewinn einfach als Unternehmergewinn zu betrachten. Und doch liegen zwei ganz verschiedene ökonomische Phänomene vor. Die Durchführung der monopolistischen Organisation ist eine Unternehmertat und ihr ‚Produkt’ kommt in einem Unternehmergewinn zum Ausdruck.“ (S. 320; Herv. L.D.; Anm.: Im Falle von Open-Source-Software führt die Innovation gerade nicht zu Monopolrenten; vgl. zu „guten“ und „bösen“ Renten: Ortmann/Zimmer 1998)
„Der Lohn ist ein statischer Einkommenszweig, der Unternehmergewinn ist überhaupt kein Einkommenszweig, wenn man regelmäßige Wiederkehr eines Ertrags zu den Charakteristika der Einkommensqualität zählt. Er entgleitet dem Unternehmer, sowie die Unternehmerfunktion erfüllt ist. Er haftet an der Neuschaffung, an der Realisation der Entwicklungswerte, des Wertsystems der Zukunft. Er ist zugleich Kind und Opfer der Entwicklung. […] Für die kapitalistische Wirtschaft ist noch hinzuzufügen, daß es ohne Unternehmergewinn auch keine Vermögensbildung gäbe.“ (S. 322)