Kapitel 1: Der Kreislauf der Wirtschaft in seiner Bedingtheit durch gegebene Verhältnisse.
Aus Leowiki
Kapitel 1: Der Kreislauf der Wirtschaft in seiner Bedingtheit durch gegebene Verhältnisse.
“Das soziale Geschehen ist eine einheitliche Erscheinung. Aus seinem Strom hebt die ordnende Hand des Forschers die wirtschaftlichen Tatsachen gewaltsam heraus.” (S. 1)
„Gelingt es uns, einen bestimmten Kausalzusammenhang zwischen zwei Erscheinungen zu finden, so ist unsere Aufgabe dann gelöst, wenn jene Erscheinung, die in diesem Kausalzusammenhange die Rolle des „Grundes“ spielt, keine wirtschaftliche ist. Dann haben wir getan, was wir in dem betreffenden Falle als Nationalökonomen tun können, und müssen das Wort andern Disziplinen überlassen.“ (S. 3)
„Da der Kreislauf der Wirtschaftsperioden, dieses auffälligsten von allen den Rhythmen der Wirtschaft, verhältnismäßig schnell vor sich geht und in jeder Wirtschaftsperiode im Wesen das Gleiche geschieht, so arbeitet der Mechanismus der Verkehrswirtschaft mit großer Präzision.“ (S. 5)
„Wo immer man einsetzt und nach welcher Richtung immer man sich von dem Punkte wendet, an dem man eingesetzt hat, stets muß man dem Faden dieses Zusammenhanges folgend nach einer zwar überaus großen aber endlichen Anzahl von Schritten wieder an den Ausgangspunkt zurückkommen. Man stößt da weder auf einen natürlichen Schlusspunkt, noch auf eine ‚Ursache’, d.h. ein Element, das die anderen mehr bestimmt als es von ihnen bestimmt wird.“ (S. 7; über den Wirtschaftskreislauf als Helix, Zirkel, Spirale; vgl. die Ursachenlose Ursache in Ortmann 2003)
„Das Wirtschaftssubjekt handelt also nach erfahrungsgemäß gegebenen Daten und in einer ebenso erfahrungsgemäß gegebenen Art und Weise. Natürlich heißt das nicht, dass keine Veränderungen in seiner Wirtschaft eintreten können. Die Daten derselben können sich ändern und jedermann wird sich danach richten, sobald er es merkt. Aber dann wird jedermann nicht etwas schlechthin Neues tun, sondern möglichst viel von seiner gewohnten Wirtschaftsweise festhalten und dem Drucke der Verhältnisse nur soweit nachgeben als es nötig ist.“ (S. 8)
„Es besteht ein Gegensatz zwischen beiden, den wir im wirtschaftlichen Leben sehr häufig an den persönlichen Gegensätzen zwischen der technischen und der kommerziellen Leitung eines Unternehmens sehen können. […] z.B. dass der Ingenieur einen neuen Prozeß empfiehlt, den der kommerzielle Leiter mit der Begründung ablehnt, er würde sich nicht rentieren.“ (S. 17)
„Kurz also, jede in einem gegebenen Zeitpunkte in Verwendung stehende Produktionsmethode dient der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit. Aber die Methoden bestehen nicht bloß aus Gedanken wirtschaftlichen sondern auch aus solchen naturwissenschaftlichen Inhalts. Diese letztern haben ihre Probleme und ihre Logik für sich und dieselben konsequent durchzudenken – zunächst ohne Rücksicht auf das wirtschaftliche, in letzter Linie immer entscheidende Moment – ist der Inhalt der Technik, und sie soweit das wirtschaftliche Moment nicht anders verfügt, praktisch durchzuführen, heißt Produzieren im technischen Sinne.“ (S. 19.)
„Technisch wie wirtschaftlich betrachtet, ‚schafft’ die Produktion nichts im naturgesetzlichen Sinne. Sie kann in beiden Fällen nur vorhandene Dinge und Vorgänge – oder ‚Kräfte’ – beeinflussen, lenken.“ (S. 20)
„Stets aber handelt es sich darum, etwas vom Standpunkte unserer Bedürfnisbefriedigung Anderes zu erzielen, als was wir vorfinden. […] Technisch wie wirtschaftlich betrachtet heißt also Produzieren die in unserm Bereiche vorhandenen Dinge und Kräfte zu kombinieren. Eine jede Produktionsmethode bedeutet eine bestimmte solche Kombination. […] Auch in einer Unternehmung als solcher und in den Produktionsverhältnissen in der gesamten Volkswirtschaft werden wir solche Kombinationen sehen.“ (S. 21; vgl. Gutenberg-Faktoren)
„Die wirtschaftlich besten und die technisch vollkommensten Kombinationen fallen so zwar nicht notwendig, aber doch sehr of auseinander und zwar nicht bloß infolge von Unkenntnis und Indolenz, sondern infolge der Anpassung der Wirtschaft an richtig erkannte Verhältnisse.“ (S. 22)
„Das was leitende und geleitete Arbeit unterscheidet, scheint auf den ersten Blick sehr wesentlich zu sein. Es sind hauptsächlich zwei Merkmale. Erstens steht die leitende Arbeit in einem Verhältnisse der Überordnung zur geleiteten, sie steht höher in der Hierarchie der Produktion. […] Und das andere Moment, das sie von geleiteter Arbeit unterscheidet, scheint ihr eigenes Wesen zu sein. Die leitende Arbeit nämlich hat etwas Schöpferisches, sie setzt sich ihre Ziele, sie erfüllt eine besondere Funktion.“ (S. 29; Herv. L.D.)
„Nur, soviel ist klar, daß nicht jede Entschlußfassung über wirtschaftliches Handeln diese Stellung einer Arbeitsleistung im Produktionsprozesse begründen kann. Denn irgendwelche Entschlußfassungen kommen bei einer jeden Arbeit vor.“ (S: 30; vgl. Ortmann 2003)
„Es steht also den Produktionsmitteln und dem Produktionsprozeß unter unseren Voraussetzungen überhaupt kein eigentlicher Leiter gegenüber. Der eigentliche Leiter ist der Konsument. […] Die einzelnen Wirtschaftssubjekte haben einen Einfluß nur insofern, als sie Konsumenten sind, nur insofern als sie eine Nachfrage entfalten.“ (S. 32; für den Fall der Statik)
„Ein jedes Wirtschaftssubjekt kann ja anders handeln als unsere Betrachtung voraussetzt, aber soweit wir eben die Wirkungen des Druckes der sachlichen Notwendigkeit beschreiben, soweit fehlt es an jeder schöpferischen Rolle in der Volkswirtschaft. Handelt das Wirtschaftssubjekt anders, so kommt es zu wesentlich anderen Erscheinungen. […] Das allein aktive Moment ist das Streben nach Bedürfnisbefriedigung.“ (S. 33; für den Fall der Statik)
„Sie erhalten also ihren Wert von diesen letztern her, der Wert der Genußgüter strahlt gleichsam auf sie [die produzierten Produktionsmittel, Anm. L.D.] zurück.“ (S. 36)
„Einen Reingewinn in diesem letztern, für uns allein relevanten Sinne gibt es auch in der geschlossenen Wirtschaft nicht, denn da werden alle Produktwerte schließlich den ursprünglichen Produktionsmitteln zugerechnet. […] In ähnlicher Weise, wie der Wert ein Symptom unserer Armut ist, ist der Gewinn ein Symptom von Unvollkommenheit.“ (S. 46)
„Freilich sind die meisten Abweichungen, denen wir im praktischen Leben begegnen, keine ‚Verstöße’, sondern dadurch zu erklären, daß unsere Voraussetzungen nicht verwirklicht sind.“ (S. 53)
„Wir können deshalb sagen, daß die einzelnen Güterwerte für jedes Wirtschaftssubjekt ein Wertsystem bilden, dessen einzelne Elemente in gegenseitiger Abhängigkeit voneinander stehen. […] In jeder Wirtschaftsperiode besteht die Tendenz, in die einmal ausgefahrenen Bahnen wieder einzulenken und wieder dieselben Werte zu realisieren. Und auch dort, wo diese Konstanz unterbrochen wird, bleibt doch stets eine Kontinuität, denn auch, wenn sich die äußerlichen Verhältnisse ändern, handelt es sich niemals darum etwas völlig Neues zu tun, sondern nur, das bisher Getane den neuen Verhältnissen anzupassen.“ (S. 59)
„Und unsere Analyse des Wertsystems, gleichsam die Geologie dieses Berges von Erfahrung, hat uns auch gezeigt, daß tatsächlich jene Momente und jene Werte der Güter sich unter Berücksichtigung von Bedürfnis und Gesichtskreis des Individuums als logische Konsequenz aus den gegebenen Verhältnissen der Umwelt erklären.“ (S. 60; eben: Bedürfnisse und Umwelt in reziproker Interaktion)
„Das Zustandekommen eines Tausches ist selbstverständlich daran gebunden, daß die beiden tauschenden Parteien, jede für sich, das einzutauschende Gut höher schätzen, als das auszutauschende.“ (S. 61)
„Wenn man den Leiter oder Eigentümer eins Betriebs Unternehmer nennen wollte, so wäre es ein entrepreneur faisant ni bénéfice nie perte ohne spezielle Funktion und ohne spezielles Einkommen.“ (S. 69)
„Werte müssen in einem Bewußtsein leben, wenn das Wort überhaupt einen Sinn haben soll, müssen daher ihrer Natur nach individuell sein. […] Kann man auch nicht von sozialen Werten sprechen, so gibt es doch ein soziales Wertsystem, ein soziales System von individuellen Werten. Diese Werte stehen in einem ähnlichen Zusammenhange miteinander, wie die Werte innerhalb einer Einzelwirtschaft.“ (S. 85)
„Überblicken wir nun den zurückgelegten Weg, so sehen wir, daß der Kreislauf der Wirtschaftsperioden soweit nichts enthält, was auf die Möglichkeit einer Entwicklung aus sich selbst heraus hindeuten würde. Er ist beherrscht von gewissen Notwendigkeiten und bleibt so lange sich selber gleich, als diese Notwendigkeiten sich nicht verändern.“ (S. 87)
„Allein Marx hat abgesehen von dieser Leistung noch eine andre auf ‚Entwicklung’ bezügliche aufzuweisen. Er hat es versucht die Entwicklung des Wirtschaftslebens selbst mit den Mitteln der ökonomischen Theorie zu behandeln. Seine Akkumulations-, seine Verelendungs-, seine Zusammenbruchstheorie ergeben sich wirklich aus rein ökonomischen Gedankengängen […] Aber die Basen seiner Theorie sind dennoch durchaus statischer Natur – sind es doch die Basen der Klassiker.“ (S. 98)
„Von Mill weiche ich nur darin ab, daß ich nachweisen zu können glaube, daß der statische Zustand nicht alle ökonomischen Grundphänomene enthält, sondern daß das Leben einer stationären Volkswirtschaft sich von dem einer nichtstationären wesentlich und in seinen Grundprinzipien unterscheidet.“ (S. 99-100)